26.3.2025

Was versteht man unter einem Geoinformationssystem?

Ob Geographen, Geoinformatiker, Förster oder auch das Militär - sie alle haben eines gemeinsam: Sie müssen raumbezogene Daten verarbeiten. Dabei hilft ihnen ein sogenanntes Geoinformationssystem. Das ist in der Regel eine Software, die raumbezogene Daten speichert und visualisiert.

In diesem Artikel tauchen wir etwas tiefer in die Welt der Geoinformationssysteme ein - und warum sie für GIS-Experten, im Geoinformatikstudium, in der Stadt- und Raumplanung und in vielen anderen Bereichen unersetzlich sind.

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Inhaltsverzeichnis

Von der Kartographie zum Geoinformationssystem

Am Anfang war die Karte. Seit Jahrtausenden versuchen Menschen, räumliche Informationen in kleinem Maßstab in Form von Karten (Kartographie) festzuhalten. Im Laufe der Jahrhunderte ermöglichte der technologische Fortschritt immer bessere Karten, die detailliertere Analysen erlaubten und immer größere Informationsmengen akkumulieren konnten.

Die größte Einschränkung solcher Karten bestand darin, dass sie nur eine ausgewählte Menge an Daten darstellen konnten. War eine bestimmte Grenze erreicht, musste eine neue Karte erstellt werden.

Erst mit dem Aufkommen von Computern und insbesondere Datenbanken, verbunden mit der Möglichkeit, große Datenmengen rechnergestützt zu sammeln, aufzubereiten, zu analysieren und zu visualisieren, war die Grundlage für die digitale Verarbeitung räumlicher Informationen geschaffen. So entstanden moderne Geoinformationssysteme wie das weltweit bekannte ESRI.

Aufnahme einer Karte des Pariser Metro-Systems
Jede Karte ist im Prinzip ein Anwendungsfall für Geoinformationssysteme

Was ist ein modernes Geoinformationssystem?

Es gibt viele Definitionen von Geoinformationssystemen (GIS), die sich an den Fähigkeiten und Aufgaben orientieren, denen ein GIS gerecht werden soll:

Erfassen und Speichern räumlicher Daten

  • Datenquellen: Es gibt viele verschiedene Quellen von Daten, z.B. Satellitenbilder, Drohnenaufnahmen, GPS-Informationen, bereits bestehende digitale Karten, Fernerkundungsdatensätze oder über Crowdsourcing (z.B. OpenStreetMap) gesammelte Daten, die ein GIS bearbeiten muss.
  • Datenformate: In der Geoinformatik unterscheidet man zwischen Pixel-basierten Rasterdaten (z.B. Satellitenbilder) und Vektordaten (Punkte, Linien, Polygone, z.B. Straßenzüge). Beide Formate haben ihre eigenen Vor- und Nachteile in der Bearbeitung.
  • Georeferenzierung: Alle räumlichen Informationen müssen in ein einheitliches Koordinatensystem (z. B. WGS 84, UTM) untergebracht werden, also dem gleichen Maßstab entsprechen, um vernünftig lesbar zu sein.
  • Metadaten & Standards: Standards wie ISO 19115 und INSPIRE haben sich für die Verwendung von Geodaten etabliert, die eine Bearbeitung vereinfachen.
  • Datenqualität: Um kostspielige Fehler zu vermeiden, müssen Daten auch auf Fehler überprüft werden, dabei hilft z.B. eine Sensorkalibrierung.

Verarbeiten von Geodaten

  • Geodatenintegration: Da ein GIS immer mehrere Informationen zusammenführen möchte, muss es verschiedene Quellen und Datenformate in uneinheitlichen Auflösungen usw. zusammenbringen. Dabei hilft die:
  • Datenaufbereitung: Ob von Menschen oder von Computern zusammengetragen - die meisten Geodaten haben Fehler wie Redundanzen oder fehlende Werte, die durch Filtern, Bereinigung oder Generalisierung aufbereitet werden müssen.
  • Transformation / Reprojektion: So nennt man die Konvertierung von Daten zwischen verschiedenen Koordinaten- und Höhenreferenzsystemen.
  • Programmierung & Automatisierung: GIS-spezifische Programmier-Packages z.B. GDAL & GeoPandas in Python oder GIS-APIs helfen bei der Verarbeitung und ihrer Automatisierung großer Datenmengen.
  • Big Geodata Processing: Bei ganz großen Datenmengen gibt es die Möglichkeit, über verteilte Systeme, z. B. Google Earth Engine, Apache Spark für Geodaten) zu arbeiten.
Einige Gebäude inmitten einer überfluteten Landschaft
Auch im Katastrophenschutz kann GIS helfen

Verwaltung in Geodatenbanken

  • Datenbanksysteme: Relationale (PostGIS, Oracle Spatial) und NoSQL-Datenbanken (MongoDB, GeoJSON, Cloud-Lösungen) helfen dabei, Geodaten angemessen zu speichern.
  • Indizierung & Performance: Geodatenindizes (z. B. R-Tree, Quadtrees) wurden dafür entwickelt, räumliche Datenabfragen mit erhöhter Geschwindigkeit zu ermöglichen und somit viel Arbeit zu sparen.
  • Datenzugriff & Sicherheit: Insbesondere für den Privatsektor, aber auch für Datenschutz-sensitive Rollen im öffentlichen Sektor gibt es rollenbasierte Zugriffskontrollen, bedarfsorientierte API-Schnittstellen für Web-GIS und Datenverschlüsselung.
  • Versionsmanagement: Aus der Software-Entwicklung stammt die Änderungsverfolgung mit Versionierungssystemen (z. B. ArcGIS Versioned Editing, Git für Geodaten), um gemeinsames Arbeiten mit Geodaten ohne Redundanzen und Datenverluste zu ermöglichen.
  • Interoperabilität & Standards: OGC-Standards (WMS, WFS, WCS) kontrollieren die Datenbereitstellung und -abfrage über verschiedene Systeme.

Räumliche GIS-Analysen

  • Geostatistik & Mustererkennung: Clusteranalysen, Hotspot-Analysen (z. B. mit Kriging oder räumlichen Autokorrelationsmethoden) werden verwendet, um die hinter Geodaten versteckten Muster zu identifizieren und Schlüsse aus ihnen zu ziehen.
  • Netzwerkanalysen: Ob zur Berechnung von optimalen Routen oder Erreichbarkeitsanalysen (z. B. für Logistik oder Stadtplanung) - ein GIS haben die meisten Menschen schon einmal genutzt. Das beste Beispiel ist Google Maps.
  • Oberflächenanalysen: Geodaten helfen auch bei der Erstellung von Höhenmodellen (DEM, DTM), Hangneigungskarten und Hydrologie-Analysen für Stadtplaner, Umweltschützer und in anderen Bereichen.
  • 3D-Analysen & Digital Twins: Die stark wachsende Menge an Daten ermöglicht die GIS-gestützte Anfertigung von Simulationsmodellen für Smart Cities oder auch in BIM-Anwendungen.
  • Zeitliche GIS-Analysen: Selbst dynamische Veränderungen sind bei der Nutzung von Geoinformationssystemen durch Zeitserienanalysen (z. B. Landnutzungsänderungen, Klimamodelle) möglich.

Kartographische Visualisierung von Geodaten

  • Dynamische Web-GIS & interaktive Karten: Nutzung von Technologien wie Leaflet, Mapbox, OpenLayers für interaktive Webanwendungen, Sales-Prozesse und Informationsgraphiken.
  • 3D- und AR-GIS: Die Visualisierung räumlicher Daten in 3D (CesiumJS, ArcGIS Scene Viewer) und Augmented Reality bietet Vorteile für Anwendungen von Stadtplanung bis zum Militär.
  • Farbschemata & Dateninterpretation: Über die Verwendung von Farbschemata können auch komplexe Zusammenhänge einfach und verständlich dargestellt werden.
  • Storytelling mit GIS: Nicht zuletzt können Geoinformationssysteme auch für die Erstellung von geowissenschaftlichen Dashboards und Story Maps zur interaktiven Kommunikation komplexer Sachverhalte genutzt werden.
Hochspannungsmasten und -Leitungen im Sonnenuntergang
Komplexe Bauvorhaben wie der Ausbau der Energienetze kommt nicht ohne Geoinformationssysteme aus

Anwendungsbeispiele für Geoinformationssysteme

Doch was hat das mit deinem täglichen Leben zu tun? Auch wenn GIS-Anwendungen wie eine Nischentechnologie wirken, haben sie doch eine extrem hohe Relevanz für auch deinen Alltag. Daher haben wir hier einige Beispiele aufgelistet, wo Geoinformationssysteme einen Mehrwert liefern können:

Anwendungsbereich

Beschreibung

Navigation & Routenoptimierung

Echtzeit-Verkehrsanalysen für Navigation, Stauvermeidung, Routenplanung für Logistik und Lieferdienste.

Katastrophenmanagement & Frühwarnsysteme

Hochwasserprognosen, Waldbrandüberwachung, Evakuierungsplanung mit Satelliten- und Drohnendaten.

Immobilienbewertung & Stadtplanung

Analyse von Standortfaktoren wie Verkehrsanbindung, Lärm, Grünflächen und Hochwassergefahr.

Moderne Landwirtschaft

Drohnen- und Satellitendaten für Bewässerung, Schädlingsbekämpfung, Ertragsprognosen und Bodenanalysen.

Umwelt- & Klimaschutz

Überwachung von Luftqualität, Abholzung, CO₂-Emissionen und Klimaveränderungen mit Fernerkundungs-technologien.

Einzelhandel & Marktanalysen

Standortanalysen für Filialen, Kundenströme, Kaufkraftverteilungen und Wettbewerbsanalysen.

Energienetze & Infrastrukturmanagement 

Optimierung von Stromnetzen, Solarpotenzialkarten und Wartung von Versorgungsleitungen.

Gesundheitswesen & Epidemiologie

Analyse der Ausbreitung von Infektionskrankheiten, Krankenhausstandort-Planung, Gesundheitsrisiken nach Region.

Tourismus & Freizeitplanung

Interaktive Karten für Wanderwege, Sehenswürdigkeiten, Verkehrsplanung in Tourismusregionen.

Kriminalitätsanalyse & Polizeiarbeit

Kartierung von Kriminalitäts-Hotspots, Analyse von Tatmustern zur besseren Ressourcenzuteilung.

Bild einer Frau, die einen Touristenführer liest
Touristenführer sind analoge Beispiele visualisierter Geodaten - was heute vermehrt von Geoinformationssystemen übernommen wird

Fazit Geoinformationssysteme

Die Anwendungsfälle für Geoinformationssysteme sind vielfältig - ohne dass man direkt Geographie studiert haben muss. In einer immer komplexer werdenden Welt, in der die Menge der verfügbaren Daten, auch räumlicher Art, jährlich exponentiell zunimmt, bieten GIS die Möglichkeit, Muster zu erkennen und die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Kenntnisse und Erfahrungen in der Arbeit mit Geoinformationssystemen sind daher wertvolle Hardskills. Vielleicht findest du den passenden Job bei GoGeoGo!

FAQs 

Welche Geoinformationssysteme gibt es?  

Es gibt Desktop-GIS (z.B. ArcGIS, QGIS) für professionelle Analysen, Web-GIS (Google Maps, OpenStreetMap) für interaktive Karten und mobile GIS für die Datenerfassung vor Ort. Spezialisierte GIS-Lösungen gibt es für Stadtplanung, Umweltmanagement, Logistik und Katastrophenschutz.  

Welche Anwendungen gibt es für GIS?  

GIS wird in den Bereichen Navigation, Stadtplanung, Umwelt- und Klimaschutz, Katastrophenmanagement, Landwirtschaft, Gesundheitswesen, Logistik und Kriminalitätsanalyse eingesetzt. Es hilft bei der Routenoptimierung, der Standortbewertung, dem Ressourcenmanagement und der Visualisierung komplexer räumlicher Daten.

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